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Zweidimensionale Wirbelströmung

Die Erweiterung der eindimensional definierten Differenzenschemata auf mehrdimensionale Anwendungen ist nicht trivial. Insbesondere in Bereichen, in denen Stromlinien die Gitterlinien unter ungünstigen Winkeln schneiden, treten sowohl numerische Difffusion als auch numerische Oszillationen in verstärktem Maße auf.

Zum Vergleich der unterschiedlichen Schemata wird auf einen Testfall zurückgegriffen, der Gegenstand eines 1982 von Smith und Hutton organisierten Workshops über Konvektionsschemata war. Hier galt es, in einem Rechengebiet mit vollständig vorgegebenem Geschwindigkeitsfeld eine Transportgleichung mit Konvektions- und Diffusionsanteil zu lösen. Sowohl das Geschwindigkeitsfeld als auch die Randbedingungen für die Transportgleichung sind so gewählt, daß sie hohe Anforderungen an das Konvektionssschema stellen und Bereiche mit unterschiedlichen Winkeln zwischen Stromlinien und Gitterlinien auftreten. Gelöst werden sollte die Gleichung


$\displaystyle \frac{\partial u\phi}{\partial x}+\frac{\partial v\phi}{\partial ...
...\frac{\partial^2\phi}{\partial x^2}+
\frac{\partial^2\phi}{\partial y^2}\right)$   $\displaystyle \qquad -1 \le x \le 1 \ , \ 0 \le y \le 1 \ .$     (5.78)

Abbildung: $ \ $ a): Vorgegebenes Geschwindigkeitsfeld; $ \ $ b): exakte Lösung nach Smith und Hutton; $ \quad$ c): Isoliniendarstellung der Lösung mit UDS; $ \ $ d): Isoliniendarstellung der Lösung mit QUICK
\begin{figure}\begin{center}
\begin{picture}(120,100)
\put(-12,2){ \epsfxsize =8...
...15,43){b)}
\put(66,95){c)}
\put(66,43){d)}
\end{picture}\end{center}\end{figure}

Das Geschwindigkeitsfeld ist gegeben. In Abbildung 37a oben sind die Geschwindigkeitsvektoren als Pfeile dargestellt, es ist


$\displaystyle u = 2y(1-x^2), \hspace{2cm} v = -2x(1-y^2).$     (5.79)

Die Randbedingungen für $ \phi $ lauten:

oben, links und rechts: $\displaystyle \qquad \phi = 0 \ ,$    
unten: $\displaystyle \quad \phi = 1+$   tanh$\displaystyle [10(2x+1)] \ ,
\quad$ $\displaystyle \quad -1 \le x \le 0$  
  $\displaystyle \frac{\partial \phi}{\partial y} = 0, \quad$ $\displaystyle \quad 0\le x \le 1$  

Dieses Problem sollte auf einem äquidistanten Gitter mit $ 40\times 20$ Gitterpunkten gelöst werden. Es gibt zwei Fälle: $ Pr=500$ und $ Pr=10^6$. Die Zell-Peclet-Zahl beträgt dann $ P=50$ bzw. $ P=10000$. Ein Isolinienbild mit der exakten Lösung ist in Abbildung 37b dargestellt.

Abbildung: Profil am unteren Ausfluß mit $ Pr$=500 (links) und $ Pr=10^6$ (rechts)
\begin{figure}\begin{center}
\begin{picture}(120,65)
\put(-18,0){ \epsfxsize =16...
...bb/pr_aus.eps}}
\end{picture}<tex2html_comment_mark>1064\end{center}\end{figure}

Abbildung: Profil am unteren Ausfluß mit $ Pr$=500 (links) und $ Pr=10^6$ (rechts) für TVD-Verfahren
\begin{figure}\begin{center}
\begin{picture}(120,65)
\put(-18,0){ \epsfxsize =160mm \epsffile{Abb/pr_tvd.eps}}
\end{picture}\end{center}\end{figure}

Im allgemeinen wird das Profil am Ausgang des Rechengebiets für den Vergleich verschiedener Differenzenverfahren anhand dieses Testfalls herangezogen. Bei der vorgegebenen hohen Geschwindigkeit und der geringen Diffusion kann insbesondere bei $ Pr=10^6$ die Fähigkeit unterschiedlicher Verfahren getestet werden, Strömungen zu beschreiben, die fast ausschließlich durch Konvektion gekennzeichnet sind. Zu erwarten ist am Ausgang ein Profil, das mit steigender $ Pr$-Zahl identisch dem Eingangsprofil wird.


In den Abbildungen 38/39 sind die Verläufe der Transportgröße $ \phi $ am Austrittsquerschnitt für die beiden untersuchten $ Pr$-Zahlen aufgetragen. Hier wird wiederum deutlich, worin der große Nachteil des Upwind-Schemas liegt. Durch die Überbewertung der Diffusion ergibt sich ein viel zu flacher Übergang von großen zu kleinen Werten von $ \phi $. Alle Verfahren höherer Ordnung erweisen sich hier als wesentlich leistungsfähiger.

Für die kleinere $ Pr$-Zahl von 500 im linken Bild sind keine nennenswerten Unterschiede zwischen den einzelnen Schemata zu beobachten. Bemerkenswert ist dabei vor allem das Verhalten des QUICK-Schemas. Bei der vorliegenden Peclet-Zahl von $ P=50$, die weit über der Stabilitätsgrenze dieses Verfahrens von $ P=\frac{8}{3}$ liegt, sind trotzdem keine Anzeichen von Instabilitäten zu erkennen. Die semi-implizite Implementierung ermöglicht es, daß QUICK auch bei weit größeren $ P$-Zahlen gute Ergebnisse liefert. Ähnliches gilt auch für die Approximation mit Zentraldifferenzen. Im rechten Bild dagegen bei $ Pr=10^6$ und $ P=10000$ zeichnen sich die Charakteristiken der einzelnen Verfahren ab: Die Approximation mit QUICK weist leichte Überschwinger in den Übergangsbereichen auf, die Genauigkeit des Verfahrens ist jedoch bei der gewählten Implementierung nach wie vor sehr gut.

Die beste Genauigkeit bringt wie erwartet das ENO-Verfahren. Für beide $ Pr$-Zahlen liegen die Ergebnisse praktisch auf der exakten Lösung. Für das Smith-and-Hutton-Problem erwies es sich nicht als notwendig, eine höhere Approximationsordnung zu wählen.

Das Hybrid Schema (HS) zeigt für diesen Testfall keine befriedigende Lösung. Da es sich für große $ P$-Zahlen immer mehr dem Upwind-Schema nähert, ergeben sich für $ Pr=500$, vor allem aber für $ Pr=10^6$ kaum Unterschiede zum UDS.


In Abbildung 39 werden zwei unterschiedliche Varianten von MUSCL untersucht: zunächst eine symmetrische Variante mit $ \gamma=0.25$ und zum Vergleich eine nicht symmetrische Variante, d.h. ein Schema, bei dem auf die Verwendung der Symmetriebedingung (5.69) verzichtet wurde. Beide Schemata vermeiden Schwingungen, unterscheiden sich aber bei der Genauigkeit der Wiedergabe. Das nichtsymmetrische Schema folgt der exakten Lösung bemerkenswert gut, während das symmetrische dazu neigt, die Diffusion etwas zu groß einzuschätzen und deshalb den Anstieg zu flach annimmt.

Das ROE-Schema zeigt die geringste numerische Diffusion. Da die Kurve jedoch steiler steigt als die exakte Lösung, muß man hier von einem leichten Überschwingen sprechen.

Abbildung 40: Isoliniendarstellung des errechneten $ \phi $-Feldes $ \quad$ $ \ $ a) mit symmetrischem MUSCL; $ \qquad$ $ \ $ b) mit nichtsymmetrischem MUSCL-Schema; c) mit ENO zweiter Ordnung; d) mit ENO sechster Ordnung
\begin{figure}\begin{center}
\begin{picture}(120,100)
\put(-12,4){ \epsfxsize =6...
...18,43){b)}
\put(60,95){c)}
\put(60,43){d)}
\end{picture}\end{center}\end{figure}


Anhand des Smith-and-Hutton-Problems kann außerdem die Implementierung der Verfahren hinsichtlich der Anwendung auf zweidimensionale Strömungen untersucht werden. Durch die einfache Erweiterung der eindimensionalen Approximation auf die zweite Raumrichtung ist insbesondere in den Bereichen, wo sich Stromlinien und Gitterlinien unter $ 45^{\circ}$ schneiden, mit numerischen Fehlern zu rechnen. Hier können in verstärktem Maße Oszillationen auftreten. Zur Beobachtung dieses Effektes sind hier Isoliniendarstellungen für $ \phi $ unter Berücksichtigung verschiedener Differenzenverfahren dargestellt.


Abbildung 37c zeigt die Lösung mit dem Upwind-Schema. Es ist deutlich zu erkennen, daß sich der am Eingang schmale Übergangsbereich stromab aufgrund der überschätzten Diffusion immer stärker verbreitert. Aufgrund der vollkommenen Monotonie des Upwind-Schemas treten an keiner Stelle des Rechengebiets Oszillationen auf.

Das Bild darunter zeigt die Lösung mit QUICK. Hier ist das Profil auch am Ausgang noch schmal, was auf hohe Genauigkeit hindeutet. Im Außenbereich kommt es zu Oszillationen. Hier wird deutlich, daß das hier verwendete Verfahren zur Erweiterung von einer auf zwei Dimensionen insbesondere bei höheren Ordnungen und unter Winkeln von $ 45^{\circ}$ kritisch wird.

Die Isolinienbilder, die auf der Basis von Lösungen mit MUSCL ermittelt wurden, weisen, wie in Abbildung 40a zu erkennen ist, keine Oszillationen auf. Die Genauigkeit ist beim nichtsymmetrischen MUSCL ein wenig besser als beim symmetrischen.

Die Ergebnisse des ENO-Schemas in Abbildung 40c und 40d weisen bei beiden Ordnungen leichte Oszillationen auf, die insbesondere in den Randbereichen auftreten. Offenbar ist gerade dieses Verfahren wegen der Verminderung der Ordnung am Rand anfällig gegenüber leichten Fehlern aufgrund von Oszillationen. Dieser Effekt ist bei der höheren Ordnung weniger stark zu beobachten. Insgesamt sind die Oszillationen hier jedoch deutlich geringer als bei dem simplen QUICK-Schema mit festem Differenzenstern.


Abschließend kann man sagen, daß es kein optimales Konvektionsschema gibt. Für die meisten turbulenten Strömungen lassen sich mit MUSCL-Schemata relativ zuverlässig gute Lösungen erzielen. In Ausnahmefällen kann man von der guten Genauigkeit eines ROE oder ENO-Schemas profitieren, wobei bei letzterem vor allem bei hoher Ordnung ein erheblich vergrößerter Rechenaufwand anfällt.

Sind die Strömungen instationär, erweist sich die TVD-Limitierung teilweise als Nachteil und das QUICK-Schema führt zu besseren Resultaten.

Da die Stabilität (Konvergenz) der Verfahren höherer Ordnung generell nicht so gut ist wie beim UDS werden Rechnungen oft mit UDS begonnen und die Diffusionskorrektur erst nach einigen Iterationen eingeschaltet.


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Ulf Bunge 2003-10-10