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Anschauliche Interpretation

Da der hier vorgestellte Formelapparat wenig anschaulich ist, soll im folgenden die Vorgehensweise noch einmal von einer anderen Seite betrachtet und damit einsichtiger dargestellt werden: Bei inkompressiblen Strömungen erfüllt der Druck die Funktion einer zusätzlichen Zwangsbedingung, die die Kontinuität des aus den Impulsgleichungen bestimmten Geschwindigkeitsfeldes sicherstellen muß. Die absolute Größe des Drucks ist dabei gleichgültig, weil in den Gleichungen nur Druckgradienten auftreten. Eine Glättung zur Vermeidung von Oszillationen des Drucks ist deshalb zulässig.

Betrachten wir zur Veranschaulichung eine Poissongleichung für den Druck, wie sie sich durch Ableitung der Impulsgleichungen herleiten läßt:

$\displaystyle \underbrace{\frac{\partial p}{\partial x_i}}_{\mbox{Druckgradient}} = \underbrace{H_i}_{\mbox{Konv. + Diff.}} \ ,$ (6.49)

$ H_i$ steht dabei für Konvektions- und Diffusionsterm der Impulsgleichung.

$\displaystyle \frac{\partial }{\partial x_i} \left( \frac{\partial p}{\partial x_i} \right) = \frac{\partial H_i}{\partial x_i} \ .$ (6.50)

Die Finite-Differenzen Approximation für die zweidimensionale Form dieser Gleichung liefert:

$\displaystyle \frac{ \left( \frac{\partial p}{\partial x} \right)_e - \left( \f...
...elta y} =\frac{H_{x,e}-H_{x,w}}{\Delta x} +\frac{H_{y,n}-H_{y,s}}{\Delta y} \ .$ (6.51)

Zur Approximation der Druckgradienten gibt es zwei naheliegende Ansätze:

1.Ansatz:
Interpolation des Druckgradienten auf der Kontrollvolumengrenzfläche auf Basis der Gradienten an benachbarten Kontrollvolumenzentren:

$\displaystyle \left( \frac{\partial p}{\partial x} \right)_e \approx \frac12 \left( \frac{p_E-p_W}{2 \Delta x}+\frac{p_{EE}-p_P}{2 \Delta x} \right) \ .$ (6.52)

Dies ist einer Approximation von gleicher Ordnung, wie sie in der Impulsgleichug verwendet wird. Das Einsetzen in Gleichung (6.51) ergibt:

$\displaystyle \frac{p_E-p_W+p_{EE}-p_P- (p_P-p_{WW}+p_E-p_W)}{4\Delta x^2}$      
$\displaystyle + \frac{p_N-p_S+p_{NN}-p_P- (p_P-p_{SS}+p_N-p_S)}{4\Delta y^2}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle RHS$  
$\displaystyle \Rightarrow \qquad \frac{p_{EE}-2p_P+p_{WW}}{4\Delta x^2}
+ \frac{p_{NN}-2p_P+p_{SS}}{4\Delta y^2}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle RHS \ .$ (6.53)

Diese Gleichung ist zwar von hoher Genauigkeit, weist aber das typische Entkopplungsproblem auf (nur Druckwerte an jeweils versetzten Kontrollvolumen tauchen auf).

2.Ansatz:
Approximation des Druckgradienten an der Kontrollvolumengrenzfläche aus den direkt angrenzenden Kontrollvolumenzentren:

$\displaystyle \left( \frac{\partial p}{\partial x} \right)_e \approx \frac{p_E-p_P}{\Delta x} \ .$ (6.54)

Wird diese Gleichung für die Approximation benutzt, ergibt sich:

$\displaystyle \frac{p_E-p_P-(p_P-p_W)}{\Delta x^2}
+ \frac{p_N-p_P-(p_P-p_S)}{\Delta y^2}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle RHS$  
$\displaystyle \Rightarrow \qquad \frac{p_{E}-2p_P+p_{W}}{\Delta x^2}
+ \frac{p_{N}-2p_P+p_{S}}{\Delta y^2}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle RHS \ .$ (6.55)

Dieser Ansatz ist zwar aufgrund der schwächeren Approximation des Druckgradienten von geringerer Ordnung, vermeidet aber das Problem der Entkopplung von Druck und Geschwindigkeit.

Betrachten wir nun den Unterschied zwischen beiden Ansätzen in der resultierenden Differenzengleichung:

$\displaystyle \left( \frac{\partial p}{\partial x} \right)_{e, Ansatz2}
- \left( \frac{\partial p}{\partial x} \right)_{e, Ansatz1}$ $\displaystyle =$ $\displaystyle \frac{p_{E}-2p_P+p_{W}}{\Delta x^2}
-\frac{p_{EE}-2p_P+p_{WW}}{4\Delta x^2}$  
  $\displaystyle =$ $\displaystyle \frac{-p_{EE}+4p_E-6p_P+4p_W-p_{WW}}{4\Delta x^2}$ (6.56)
  $\displaystyle \approx$ $\displaystyle -\frac{(\Delta x^2)}{4}
\left( \frac{\partial^4 p}{\partial x^4} \right)_P$ (6.57)

Die erforderliche Korrektur der Approximation, um von einer entkoppelten Form ausreichender Ordnung zu einer gekoppelten zu gelangen, entspricht somit genau einer Glättung, die proportional zur 4. Ableitung des Drucks ist. In einer solchen Formel treten bei oszillierenden Druckwerten große Korrekturen auf, während sie bei glattem Druckverlauf gegen null geht. Ein gleichartiger Ansatz verbirgt sich auch hinter dem in den Gleichungen (6.41) bis (6.45) beschriebenen Korrekturmechanismus für die Geschwindigkeiten auf den Kontrollvolumengrenzen.


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Ulf Bunge 2003-10-10