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Explizite und implizite Differenzenformeln

Eine erste finite Differenzenformulierung der Gleichung (3.4) repräsentiert die sogenannte FTCS (forward time-central space) Approximation.

(3.5)

Dabei wird folgende Nomenklatur für die diskretisierten Temperaturen verwendet:

Der partiellen Ableitung nach der Zeit nähert man sich wegen

von erster Ordnung genau, während dessen die räumliche Ableitung gemäß

von zweiter Ordnung genau ist. In der Gestalt

(3.6)

liefert die Gleichung (3.5) eine explizite Formel zur Berechnung der unbekannten Temperatur im Gitterpunkt (i, m+1) aus bekannten Temperaturen der m-ten Zeitlinie.

Ausgehend von den Anfangswerten zur Zeit to = 0 (m = 1) lassen sich mit (3.6) die unbekannten Werte der zweiten Zeitlinie (to + t) berechnen, die wiederum die Werte der dritten Zeitlinie (to + 2t) bestimmen, usw. Eine finite Differenzenformel ist also genau dann explizit, wenn sie nur eine Unbekannte beinhaltet.

 
Abbildung 21: Differenzenmolekül der FTCS Diskretisierung.  

Die Lösung der Wärmeleitungsgleichung durch FTCS Diskretisierung des Problems erscheint wegen der einfachen programmiertechnischen Umsetzung günstig. Gleichzeitig weist sie jedoch das für alle expliziten Formeln typische Merkmal der Entkopplung von physikalisch einander zugeordneten Größen auf. Zwischen den Temperaturwerten einer Zeitlinie besteht nach (3.6) kein funktionaler Zusammenhang. Dieser Sachverhalt sollte zumindest Mißtrauen gegenüber den Ergebnissen einer solchen Berechnung erwecken.

Die analoge implizite Formulierung erhält man aus der sog. BTCS (backward time - central space) Diskretisierung der Differentialgleichung (3.4)

(3.7)

 
Abbildung 22: Differenzenmolekül der BTCS Diskretisierung.  

Nach der einzig bekannten Größe aufgelöst erhält man die Gestalt

(3.8)

weshalb eine simultane Lösung für alle (N-2) inneren Gitterpunkte einer Zeitlinie notwendig ist. Trotz dieses vergleichsweise höheren Lösungsaufwandes besitzen implizite Formulierungen entscheidende Vorteile hinsichtlich der Stabilität. Für die hier gegenübergestellten finiten Differenzenformulierungen (FTCS bzw. BTCS) der Gleichung (3.4) wollen wir dies anschaulich machen.

Das bezüglich der zweiseitig gerichteten Ortskoordinate x elliptische Problem verlangt die Existenz zweier Randbedingungen für jede Zeitlinie m. Die Linien t= konst sind die charakteristischen Kurven des Problems. Sie sind die Einflußlinien für jede Art von Störungen, zu denen wir formal auch die Randbedingungen zählen können.

Anhand der Abb. 35 ist deutlich zu erkennen, daß im Falle der expliziten Formulierung von (3.4) bei der Berechnung der aktuellen Zeitlinie (m + 4) die dazugehörigen Randbedingungen nicht berücksichtigt werden. Dieser Umstand widerspricht somit der Physik des Problems.

 
Abbildung 23: Randbedingungseinfluß bei expliziter Formulierung.  

Die implizite BTCS-Formulierung (3.8) vermag dagegen aufgrund der Bauart ihrer `Differenzenmoleküle' ein besseres Abbild der Physik zu geben. Durch die Verknüpfung dreier benachbarter Punkte der aktuellen Zeitlinie wird der elliptische Charakter formelhaft wiedergegeben. Die aktuelle Temperatur eines Massenpunktes hängt sicherlich auch von den Momentanwerten in benachbarten Punkten ab. Punktuelle Störungen der finiten Lösungen, die sich aus nur endlicher Rechengenauigkeit ergeben, werden durch die Einbindung in das lokale Gleichgewicht zeitlich unmittelbar gedämpft.


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Benjamin Gilde
Sat Dec 16 15:24:45 CET 2000