Next: Spannungen
Up: Grundlagen der Kontinuumsmechanik
Previous: Summationskonvention
Es gibt verschiedene Koordinaten und Betrachtungsweisen, die unterschiedliche mathematische Formulierungen
erfordern. Nach [3] gibt es folgende vier Beschreibungen der Bewegung eines Kontinuums:
- Materielle Darstellung (Eng.: material description): Die unabhängigen Variablen sind das
Teilchen und die Zeit .
- Referenz-Darstellung (Eng.: referential description): Die unabhängigen Variablen sind der
Ort des Teilchens in einer beliebig gewählten Referenzkonfiguration und die Zeit .
In der Elastizitätstheorie wird meistens der unbelastete, spannungsfreie Zustand als Referenzkofiguration
gewählt. Wird als Referenzkonfiguration die tatsächliche Anfangskonfiguration zum Zeitpunkt
gesetzt, so spricht man von der Lagrangeschen Darstellung. Häufig wird dann bei anderen
Autoren von der materiellen Darstellung gesprochen, wenn die Referenzposition für das
materielle Teilchen aus der ersten Darstellung verwendet wird.
- Räumliche Darstellung (Eng.: spatial description): Die unabhängigen Variablen sind die
gegenwärtige Position , die von dem Teilchen zur Zeit eingenommen wird, und die gegenwärtige Zeit .
Die Räumliche Darstellung bezieht sich also auf einen bestimmten Teil des Raumes anstatt auf einen
bestimmten Teil der Materie. Diese in der Fluidmechanik am häufigsten verwendete Darstellung wird auch die
Eulersche Darstellung genannt.
- Relative Darstellung (Eng.: relative description): Die unabhängigen Variablen sind die
gegenwärtige Position und eine variable Zeit . Diese variable Zeit ist der
Zeitpunkt, zu dem das Teilchen einen andere Position innehatte, z.B. . Die Bewegung wird mit
als abhängige Variable beschrieben, z.B., , wo der Index an betonen soll, daß die Referenzkonfiguration
die Konfiguration zum Zeitpunkt ist.
Die materielle Darstellung bezieht sich also auf das Teilchen , so daß die Bewegung symbolisch den Ort des Teilchens zur Zeit angibt. Es kommt nach [3]
häufiger zur Verwechslung oder Vermischung von materieller und Referenz-Darstellung, da die Position des Teilchens
in der Referenzkonfiguration häufig als Bezeichnung für das Teilchen selbst verwendet wird.
Es wird dann von dem ``Teilchen '' gesprochen. Einer theoretischen Trennung muß man sich aber bewußt sein.
Die Referenz-Darstellung bezieht die Bewegung auf eine Referenz-Konfiguration, in der das Teilchen die Position
innehat. Wie oben erwähnt, ist das in der Elastizitätstheoie häufig der unbelastete Zustand, in
den der Körper nach Entlastung wieder zurückkehrt.
In den meisten Fällen wird diese Referenzkonfiguration zum Zeitpunkt gewählt (Lagrangesche Darstellung).
Der Sprachgebrauch ist dann:'' ist der ORT des Teilchens zur Zeit ''.
Gemeint ist: `` ist zur Zeit die Position des Teilchens, welches in der Referenzkonfiguration die
Position besetzt hat''.
Wir schreiben in kartesischen Koordinaten:
oder in allgemeinen Koordinaten in kontravarianter Darstellung der Komponenten:
wobei die oder die materiellen Koordianten darstellen, d.h, die Koordinaten der Position des Teilchens in der
Referenz-Konfiguration, während die oder die räumlichen Koordinaten sind, die den Ort des Teilchens zur
Zeit angeben.
Die Schreibweise, als Funktionsausdruck mit den Argumenten und ,
gleichzeitig aber auch für den Funktionswert (linke Seite) zu verwenden, ist in der Literatur üblich.
Man kann das durch ein anderes Funktionssymbol umgehen.
Die räumliche Darstellung oder Eulersche Darstellung dagegen bezieht sich auf einen bestimmten räumlichen Bereich
und ist damit in der Fluidmechanik bevorzugt verwendet.
Ist die Bewegung bekannt, so kann die
Geschwindigkeit als partielle Ableitung nach der Zeit bestimmt werden. Dabei ist konstant zu halten,
gleiches gilt für die Beschleunigung eines Teilchens:
Diese Ableitungen sind von denen mit konstantem unbedingt zu unterscheiden! Hierbei handelt
es ich um lokale Änderungen, so ist z.B.
keine Beschleunigung (eines Teilchens), sondern die lokale Änderung der Geschwindigkeit.
Für die substantielle oder materielle Zeit-Ableitung in räumlichen Koordinaten
wird häufig eine Rechenvorschrift benötigt, weil die Referenz- oder Lagrangesche Darstellung der Bewegung nicht
bekannt ist, aber für die Berechnung von und notwendig ist.
Ist aber eine eindeutige Funktion gegeben, so gilt nach der Kettenregel
mit , wobei aber nicht bekannt ist:
mit
der Geschwindigkeit.
Für die substantielle Ableitung sind folgende Schreibweisen in Verwendung:
für die lokale zeitliche Änderung schreiben wir:
und die Ableitung von bezüglich der räumlichen Koordinaten wird als Gradient geschrieben, der
bei Tensorkomponenten mit der kovarianten Ableitung zu bilden ist, so daß
man Gl. 8 wie folgt umschreiben kann:
wobei die kovariante Ableitung in Indexschreibweise in allgemeinen Koordinaten wie folgt ausgeschrieben wird:
Die materielle oder substantielle Ableitung einer Größe setzt sich also aus einer lokalen Änderung an einem Ort (erster Term)
und einer örtlichen Änderung durch Bewegung des Teilchens zusammen (zweiter Term, konvektiver Anteil).
Die Größe kann hierbei ein Skalar, einen Tensor oder eine Tensorkoordinate darstellen.
In [7] sind die verschiedenen Ableitungen und Differentiale sowie Transportgleichungen erklärt
und hergeleitet.
Zur kovarianten Ableitung eines Skalars sei noch kurz gesagt, daß sie der partiellen Ableitung nach den Koordinaten
entspricht. Für Tensoren höher als nullter Stufe gilt:
wobei der erste Term die partielle Ableitung der Tensorkoordinate ist. In symbolischer Schreibweise schreibt man
ebenfalls eine Komma für die partielle Ableitung der Tensoren selbst, die man dann mit der kovarianten Ableitung
übersetzt, wie an Hand der folgenden Darstellungsgleichung für einen Tensor 2. Stufe deutlich wird:
Die Christoffel-Symbole sind dabei eine Abkürzung für
wenn die Basis bezüglich kartesischer Koordinaten gegeben ist, was meistens der Fall ist.
Sind die geradlinige, speziell kartesische Koordinaten, dann verschwinden die Christoffel-Symbole. Sie werden
am einfachsten mit den Metrikkoeffizienten oder
der Basis, in der bezüglich der Koordinaten abzuleiten ist, berechnet,
siehe [8].
Ziel der Implementierung ist eine beliebige Lagrangesche Eulersche Formulierung (ALE, arbitrary Lagrangian Eulerian),
wobei in den
Strukturbereichen die Langrangesche Darstellung verwendet wird,
indem die Gitter den Bewegungen des Materials folgen, während in den Strömungsbereichen die Eulersche Darstellung
Anwendung findet.
Next: Spannungen
Up: Grundlagen der Kontinuumsmechanik
Previous: Summationskonvention
Ulf Bunge
Wed Jan 5 17:56:47 CET 2000