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Allgemeines

Die verschiedenen Methoden zur Lösung strömungsmechanischer Probleme konnten in den letzten 20 Jahren beträchtlich weiterentwickelt werden. Bei der experimentellen Strömungsmechanik ergaben sich Fortschritte vor allem auf Grund der verbesserten Meßtechnik. Auch die analytische Strömungsmechanik konnte in dieser Zeit neue Erkenntnisse gewinnen. Die Entwicklung auf dem Gebiet der numerischen Strömungsmechanik, deren Geburtsstunde in die 50er Jahre gelegt werden kann, sind eng verknüpft mit den enormen Kapazitätssteigerungen elektronischer Rechenanlagen. Diese Entwicklungen führten zu einer Verschiebung der Bedeutung der verschiedenen Methoden, so daß deren Vor- und Nachteile neu beurteilt werden müssen.

Ein unbestrittener Vorteil der analytischen Strömungsmechanik liegt darin, daß mit ihrer Hilfe schnell und preiswert Ergebnisse erhalten werden, die zumeist in geschlossener Form dargestellt werden können. Dafür ist aber häufig die Annahme starker Vereinfachungen, beispielsweise hinsichtlich der Geometrie oder der Linearisierung des Problems nötig.

Der Vorteil der experimentellen Strömungsmechanik besteht darin, daß alle Einflüsse unter realistischen oder wenigstens realitätsnahen Bedingungen erfaßt werden können. Weiterhin werden neue physikalische Phänomene hauptsächlich bei experimentellen Untersuchungen entdeckt. Diesen Vorteilen steht eine Reihe von Nachteilen gegenüber. Bei Laborversuchen ist es oft schwierig, die gewünschten Randbedingungen zu erzeugen. Das betrifft vor allem die Zuströmung (Turbulenzgrad) und den Einfluß der Wände. Außerdem treten oft Skalierungsprobleme auf, wenn die Strömung durch mehr als eine Kennzahl charakterisiert ist. Nicht zu unterschätzen sind Fragen der Meßgenauigkeit besonders bei komplexen Strömungen. Als Hauptnachteil experimenteller Untersuchungen sind sicherlich deren hohe Kosten zu nennen. Dabei fallen zum einen die Unterhaltskosten für die zum Teil sehr aufwendige apparative Ausstattung, die Herstellungskosten für Modelle und die Personalkosten ins Gewicht.

Der größte Vorteil der numerischen Strömungsberechnung liegt darin, daß relativ schnell und kostengünstig Ergebnisse erhalten werden können. Im Gegensatz zu analytischen Untersuchungen sind keine Beschränkungen auf lineare Probleme notwendig, und es können komplexe strömungsmechanische Probleme behandelt werden. Numerische Methoden lassen sich auch auf solche Strömungen anwenden, die beispielsweise wegen extremer Temperaturen oder Drücke keiner experimentellen Untersuchung zugänglich sind. Als Ergebnis liegen die vollständigen Strömungsfelder vor, d.h. Geschwindigkeiten, Druck, Temperatur und Turbulenzgrößen an allen Orten des untersuchten Gebiets. Es treten keine Skalierungsprobleme auf, und Parameterstudien lassen sich schnell durchführen. Die Kosten einer numerischen Lösung werden auf Grund der Entwicklungen bei den elektronischen Rechenanlagen immer niedriger, und die wachsenden Rechnerkapazitäten machen es immer weniger notwendig, Modellannahmen und Vereinfachungen zu verwenden. Die heute im allgemeinen noch notwendigen Modellannahmen (z.B. Turbulenzmodelle) sind einer der Hauptnachteile bei der Problemlösung mit Hilfe numerischer Verfahren. Meistens sind die Modellannahmen durch eingeschränkte Rechnerkapazität bedingt. Diese führt auch dazu, daß die Lösung auf einem relativ groben numerischen Gitter bestimmt werden muß und damit Diskretisierungsfehler auftreten. Für numerische Berechnungen müssen Anfangsbedingungen (bei zeitabhängigen Prozessen) sowie Randbedingungen am Ein- und Austritt vorgegeben werden, die im allgemeinen maßgeblichen Einfluß auf die Lösung haben. Diese Randbedingungen müssen entweder aus experimentellen Untersuchungen bekannt sein oder mit Hilfe analytischer Korrelationen approximiert werden.

Die meisten kommerziell verfügbaren Berechnungsprogramme für Strömungsprobleme basieren auf der Methode der Finiten-Volumen (FV). Im folgenden werden die grundlegenden Eigenschaften und Konzepte dieser Methode dargestellt. Der Inhalt der Vorlesung orientiert sich am Buch von Suhas V. Patankar [1].


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Ulf Bunge 2003-10-10